Beurteilung des Igels

Winter

NaturIgelSchneeIgel halten Winterschlaf von November bis März. Es kommt vor, dass sie ihren Winterschlaf unterbrechen und einige Tage umhergehen. Falls Sie im Winter einem Igel begegnen, beobachten Sie ihn daher zuerst ganz genau, bevor Sie etwas unternehmen. Hat der Igel eine rundliche Gestalt, ist aktiv und macht bei Berührung eine Stachelkugel, ist er vermutlich nicht krank. Einen gesunden Igel dürfen Sie nicht ins Haus nehmen.

Bei sichtbaren Verletzungen, massivem Husten, Karcheln, torkelndem Gang oder Rumliegen lesen Sie bitte das Kapitel "Kranker oder verletzter Igel".

 

Erste Hilfe vor Ort

Sie können einem gesunden Igel im Winter an Ort und Stelle helfen, indem Sie ihm ein Schlafnest aufstellen. Dazu eignet sich ein Winterschlafhaus, das Sie dicht mit Stroh füllen. Stellen Sie dieses Nest an einen ruhigen, schattigen Ort.
Wiegt der Igel weniger als 600g (diese Gewichtsangabe gilt für Jungigel, ein ausgewachsener Igel wiegt je nach Grösse 800g-1500g), können Sie ihm zusätzlich etwas Katzenfutter hinstellen. Damit das Futter vor Regen und Katzen geschützt ist, sollten Sie das Futterschälchen ebenfalls unter eine Holzkiste mit Törchen stellen. Lesen Sie dazu bitte den Text "Zufütterung in Ausnahmesituationen".

Nur wenn das Tier krank oder stark geschwächt ist, darf es zur Überwinterung in menschliche Obhut genommen werden. Lesen Sie dazu das Kapitel "Überwinterung".

 

Igel im Winter begegnet?

Es gibt folgende Erklärungsmöglichkeiten:

  • Das Gewicht des Jungigels liegt bei frühem Wintereinbruch noch unter dem für den Winterschlaf notwendigen Minimalgewicht von 500 - 600g (siehe Vorgehen bei Igelfund im Spätherbst).
  • Der Igel hat den Winterschlaf noch nicht angetreten, weil er sich immer am Futternapf von Nachbars Katze bedienen kann. Igel, die im Winter gefüttert werden, gehen teilweise nicht in den Winterschlaf (siehe auch "Häufige Fragen").
  • Weihnachtszeit: Hohe Temperaturen, verursacht durch das sogenannte Weihnachtstauwetter, lassen den Igel den Winterschlaf unterbrechen.
  • Der Igel wechselt seinen Winterschlafplatz freiwillig.
  • Das ursprüngliche Winterschlafnest wurde zerstört (siehe auch "Häufige Fragen"), der Igel muss einen neuen Überwinterungsort suchen. Dies ist für Jungigel sehr schwierig; erwachsene Igel haben bessere Chancen, da sie ihren Lebensraum sehr gut kennen und somit auch wissen, wo ein Ersatz-Winterschlafplatz zu finden ist .
  • In einer Wachphase verlässt der Igel sein Nest, um Harn abzusetzen.
  • Gegen Ende Winter: Warmes Wetter  (z.B. direkte Sonneneinstrahlung auf das Winterschlafnest bei höherem Sonnenstand) lassen den Igel frühzeitig aus dem Winterschlaf erwachen.
  • Das Tier ist krank oder verletzt (siehe Kranker oder verletzter Igel).

 

Warum Winterschlaf?

Igel halten Winterschlaf, weil sie bei kalter Witterung keine Käfer und Würmer zum Fressen finden. Sie überbrücken die futterlose Zeit instinktiv mit dem Winterschlaf. Während dieser Zeit läuft ihr Körper auf "Sparflamme". Im Durchschnitt verbringen sie aber nur 80% der Winterschlafzeit wirklich schlafend.
Weitere Infos finden Sie unter Winterschlaf,
in Igel&Umwelt 2008/2 (PDF 1.2 MB) auf den Seiten 3 - 5,
in
Igel&Umwelt 2010/2 (PDF 1.2 MB) und
in Igel&Umwelt 2011/3 (PDF 0.8 MB) und
Illustration A4 aus der Coopzeitung (PDF 722 KB).

 

Winterschlaf bei warmem Wetter?

Bei mildem Winterwetter sind natürliche Unterbrechungen des Winterschlafs nicht ungewöhnlich. Igel bleiben während dieser Wachphasen oft im Nest und schlafen nach einigen Stunden wieder weiter. Selten sind sie aber auch etliche Tage aktiv oder wechseln sogar das Winterschlafnest. Meistens finden sie in dieser Zeit kein oder nur wenig Futter und zehren deshalb von ihrer Fettreserve ("Winterspeck").
Bei einer länger anhaltenden  Warmwetterperiode kann einem wachen Igel Katzenfutter angeboten werden. Fällt die Durchschnittstemperatur unter 4 Grad und der Igel erscheint weiterhin am Futternapf, stoppen Sie bitte die Zufütterung, damit der Igel wieder in den Winterschlaf fällt (siehe Futterentzug).

In einem warmen Winter mit häufigen Wachphasen kann es sein, dass Igel aufgrund der vorzeitig aufgebrauchten Fettreserve den Winter nicht überleben.
Weitere Infos finden Sie in Igel&Umwelt 2007/2 (PDF 0.8 MB) auf den Seiten 1 - 2.

 

Winterschlaf bei sehr tiefen Temperaturen?

Mit Temperaturen, die sich tage- oder wochenlang im deutlichen Minusbereich befinden, kommt ein normalgenährter gesunder Igel zurecht. Oft vergessen wir nämlich, dass ein kalter Winter in unseren Breitengraden eigentlich die Norm, die extrem milden Temperaturen der letzten Jahre hingegen die Abweichung darstellen. Unsere heimische Igelart, der Braunbrustigel, kann sich deshalb mit tiefen Wintertemperaturen gut arrangieren. Das kann man unter anderem auch daran erkennen, dass der Braunbrustigel z.B. auch in Nord-Russland vorkommt, einem Gebiet, wo die Winter sehr viel härter und kälter sind als bei uns.


Der Igel braucht bei sehr kalten Temperaturen etwas mehr Energie, um seine Winterschlaf-Körpertemperatur von 1-5° C aufrecht zu erhalten. Wenn er aber im Herbst mit genügend Fettreserven (Jungigel mindestens 500g, erwachsene Tiere deutlich über 1 kg Körpergewicht) den Winterschlaf beginnen konnte, reicht es normalerweise gut bis in den Frühling.
Kritisch werden könnten sehr tiefe Temperaturen für Igel, die in etwas geschwächtem Zustand in den Winterschlaf gingen oder die sich ein nur schlecht isoliertes Nest gebaut haben. Der Winterschlaf fungiert aber ohnehin als Selektionsmechanismus, um die Igelpopulation vital und kräftig zu halten, in kalten Wintern noch ein bisschen mehr als sonst.

 

Igel im Winterschlafnest gestört: Was tun?
Siehe Häufige Fragen

Was passiert bei einem Igel, wenn er aus dem Winterschlaf erwacht?
Siehe Häufige Fragen

Kann ein Igel kurz vor dem Wintereinbruch oder während des Winters wieder in die Freiheit entlassen werden?
Siehe Häufige Fragen

Wie kommen Pflanzen und Tiere am besten über den Winter?
Siehe Fünf Tipps für das Einwintern eines naturnahen Gartens

Herbst

Auch im September werden noch Igeljunge geboren. Bis zum Wintereinbruch müssen diese Jungtiere 500-600 g schwer sein, um den Winterschlaf antreten zu können. Diese spätgeborenen, kleinen Igel fallen im Oktober und November oft auf, weil sie manchmal auch tagsüber auf Futtersuche sind.

Ab Mitte Oktober wird die Futtersuche in der Regel schwieriger. Je kälter die Witterung, desto weniger Futtertiere finden die Igel.
Erwachsene Igel treten den Winterschlaf schon an, bevor es richtig kalt wird. Ausgelöst wird der Winterschlaf durch das allmähliche Verschwinden der Futtertiere, abnehmende Aussentemperaturen und Tageslängen und durch hormonelle Umstellungen.
Sinkt die Temperatur tags- und nachtsüber unter 4 Grad, zwingt dies auch die Jungigel, den Winterschlaf zu beginnen. Das klappt aber nur, wenn die Jungigel das für den Winterschlaf notwendige Gewicht von 500-600g  aufweisen.
Bei geschlossener Schneedecke oder gefrorenem Boden versiegen die Futterquellen vollständig. Deshalb sollten die Igel dann im Winterschlaf sein.

Von November bis März halten Igel normalerweise Winterschlaf. Je nach Witterungsverlauf und Höhenlage gibt es aber Abweichungen davon.


 

Treffen Sie im (Spät)Herbst am Tag einen Igel an, kann das mehrere Gründe haben

 

1.  Der Igel ist krank oder verletzt.
Lesen Sie das Kapitel "Kranker oder verletzter Igel".

 

2. Der gesunde Jungigel hat das für den Winterschlaf notwendige Körpergewicht von 500-600g noch nicht erreicht. Das Tier spürt das und ist deshalb bis weit in den Spätherbst hinein auch tagsüber auf Nahrungssuche anzutreffen.

Die im Folgenden erläuterte Unterscheidung von gesunden Jungigeln nach Gewicht gilt nur für den Spätherbst, wenn es wirklich kalt ist und kaum mehr Futtertiere vorhanden sind, also in der Regel erst nach Mitte Oktober.
Haben Sie einen Jungigel gefunden, der einen gesunden Eindruck macht (sieht "wohlgenährt rundlich" aus), wägen Sie ihn bitte.
Das Video zeigt, wie das geht: Igel mit Handschuhen hochheben, auf den Rücken drehen und so auf die Waage legen.

  • Körpergewicht kleiner als 300g:
    Lesen Sie das Kapitel "Überwinterung".
  • Körpergewicht zwischen 300g und 500g:
    Lesen Sie "Zufütterung in Ausnahmesituationen"
  • Körpergewicht grösser als 500g:
    Es sind keine Massnahmen zu ergreifen, der Igel besitzt das notwendige Winterschlafgewicht. Allerdings stellt sich die Frage, warum der Igel am Tag unterwegs ist. Versuchen Sie anhand der Checkliste im Kapitel "Beurteilung des Igels" herauszufinden, ob das Tier krank sein könnte.

 

3. Es ist ein gesunder, erwachsener Igel mit genügend Fettreserven (Gewicht von 900-1500 g), der aber noch nicht im Winterschlaf ist. Der Igel wurde eventuell in seinem Versteck aufgestöbert und sucht sich jetzt einen neuen Platz, wo er den Tag verschlafen kann.

 

Achtung
Der Igel könnte auch krank oder verletzt sein. Beobachten Sie das Tier ganz genau und versuchen Sie zu beurteilen, ob es sich um ein hilfsbedürftigen, da kranken Igel handelt. Akut kranke Igel haben in der Regel ein normales Gewicht.

Zu beachten
Ein abgemagerter 800g schwerer Igel ist ein kranker, erwachsener Igel. Er gehört also nicht zur Kategorie "gesunder Jungigel mit Körpergewicht über 500g", für den keine Massnahmen zu ergreifen sind.
Allgemein gilt, dass nie vom Körpergewicht allein auf den Gesundheitzustand des Tieres geschlossen werden darf.

 

 

Diese Regeln helfen Ihnen, den Zustand des Igels einzuschätzen. Sie bieten aber keine Gewähr.
Im Zweifelsfall oder bei Unklarheiten rufen Sie eine Igelstation an, um sich beraten zu lassen.


 

Antworten auf häufige Fragen zum Thema Igel im Herbst:
Siehe Häufige Fragen

Wie schwer muss ein Jungigel sein, um den Winterschlaf zu überleben?
Siehe Häufige Fragen
Siehe Tipp des Monats: Igel wiegen

Kann ein Igel kurz vor dem Wintereinbruch oder während des Winters wieder in die Freiheit entlassen werden?
Siehe Häufige Fragen

Sinnvolle Verwendung von Laub für einen natürlichen Igelunterschlupf
Siehe Ast-Laubhaufen

Igelhaus mit Ästen und Laub und andere Tipps
Tipp des Monats: Winterquartier für Igel selber bauen
Video: Mona baut ein Igelhaus
Fünf Tipps für das Einwintern eines naturnahen Gartens

So kommen Gartentiere gut durch den Winter
Ein lesenswerter Artikel im Tagesanzeiger vom 31.10.22 mit Tipps zur Insektenförderung!

Laub darf liegen bleiben
Ökologisches Laubmanagement in der Stadt Luzern

Laubbläser und Laubsauger haben sich in den letzten Jahren rasant verbreitet – Forscher warnen bereits vor Gesundheitsgefahren. Eine gute Alternative im Privatgarten sind Besen und Laubrechen.
Siehe Schweizer Garten N 11/2017: "Laubbläser und Laubsauger: Weniger ist mehr" (PDF 3 MB)

Video
Stroh ist das beste Nestmaterial für ein Igelhaus:
Igel sammelt Nestmaterial

Um das Gewicht eines Jungigels zu ermitteln, muss er gewogen werden:
Igel auf Waage

Sommer

Im Igeljahr gehört der Sommer ganz dem Nachwuchs.

Allgemeines zu Nestbau und Geburt

War die Paarung erfolgreich, sucht sich das Weibchen einen geschützten Ort, den es als Aufzuchtnest herrichtet. In ein Bett aus Gras, Blättern und anderen Materialien werden nach einer Tragzeit von rund 35 Tagen 2-7 Jungtiere geworfen. Im Schweizer Mittelland können erste Geburten schon im Mai beobachtet werden, die Babysaison endet im September, ganz vereinzelt werden sogar Anfang Oktober noch Igelgeburten gemeldet. Der Grossteil der Igel kommt in den Monaten Juni bis August zur Welt.

Beobachtet man im Sommer zwischen Mai und August einen grossen Igel, der tagsüber unermüdlich Nestmaterial sammelt, handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um eine Igelmutter kurz vor dem Gebären. Igelmütter sind oft spät dran mit dem Nestbau, deshalb zieht sich diese Tätigkeit auch mal in den Tag hinein.
Siehe "Igel sammelt tagsüber Nestmaterial" und "Igelin schleppt Zweig"

Die Wahl des Nistortes - entscheidend für die erfolgreiche Jungen-Aufzucht

Befindet sich das Nest zum Beispiel in einem undurchdringlichen Gebüsch, so sind die Chancen gut, dass die Baby-Zeit für die Igelin und ihren Nachwuchs störungsfrei verläuft. Nicht selten aber wählt die werdende Mutter Nistorte, die nur scheinbar sicher sind. Vielleicht wurde das Nest hinter einem an die Wand gelehnten Liegestuhl errichtet. Spätestens beim ersten Sonnenbad des Garteninhabers wird das Nest unbarmherzig aufgedeckt. Oder der grosse zerlöcherte Korb, der schon länger in einer Ecke des Gartens lag und den man jetzt endlich einmal entsorgen wollte: Beim Aufheben des Korbes ertönt ein unwirsches Fauchen, im Grasbett unter dem Korb liegt ein grosser Igel und drei, vier… fünf kleine, weiss bestachelte, felllose Winzlinge. Die Igelchen sind erst 1-2 Tage alt.

Wie verhalte ich mich, wenn ich aus Versehen ein Igelnest mit Jungen aufgedeckt oder zerstört habe?

  • Decken Sie das Nest vorsichtig wieder zu und ziehen Sie sich sofort zurück.
  • Beobachten Sie aus der Ferne (!) wie sich die Mutter verhält

Wenn das Nest noch intakt ist, ist die Chance gut, dass die Igelin sich wieder beruhigt und die Jungen weiterhin versorgt. Dasselbe gilt auch, wenn die Mutter zur Zeit der Störung gar nicht anwesend war.
Wurde das Nest ganz zerstört, besteht noch die Möglichkeit, dass die Mutter das Nest wieder aufbaut oder aber ihren Nachwuchs in ein anderes Nest zügelt.
Wenn die Störung allerdings andauert, und sei es nur deshalb, weil der gut meinende Mensch aus der Nähe sicher stellen will, dass alles in Ordnung ist, kann es leicht passieren, dass die Igelin ihre Jungen verlässt. Das bedeutet im Grossteil der Fälle den sicheren Tod für die Kleinen.

  • Greifen Sie nur aktiv ein, wenn Sie die Igelsäuglinge komplett ausserhalb eines Nestes, z.B. frei auf der Wiese liegend, vorfinden. Zwitschern oder Fiepen die Igelbabys, ist das ein zusätzlicher Hinweis, dass die Mutter überfällig ist.

Hier ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Babys von der Mutter verlassen wurden.

Was tun mit mutterlosen Igelbabys?

  • Nehmen Sie die kleinen Igel vorsichtig auf und tragen Sie sie ins Haus.

Igelsäuglinge unterkühlen sehr rasch.

  • Legen Sie daher eine mit lauwarmem Wasser gefüllte Wärmeflasche in eine Kartonschachtel und bedecken Sie die Wärmeflasche mit einem Küchentuch.
  • Auf dieses warme „Wasserbett“ legen Sie dann die Igelbabys und decken sie mit einem weiteren Küchentuch vorsichtig zu.

Ab jetzt brauchen die Kleinen Hilfe durch Fachpersonen.

  • Setzen Sie sich deshalb für das weitere Vorgehen so rasch wie möglich mit einer Igelstation oder dem nächsten Tierarzt in Verbindung.

Zur weiteren Versorgung lesen Sie auch das Kapitel "Jungigel".

Diese kleinen Stachelkerle brauchen keine menschliche Hilfe

Ab einem Alter von ca. 3.5 Wochen erkunden die Jungigel selbstständig die nähere Umgebung ihres Nestes. Oft sind sie ohne Mutter unterwegs, da diese in weiterer Distanz zum Nest ihr Futter sucht. Die Igeljungen sehen in diesem Alter bereits wie fertige, wenn auch noch sehr kleine Igel aus und wiegen etwa 150-200g. Die Mutter säugt die Kleinen noch weitere 2.5 Wochen, bis sie dann in einem Alter von 6 Wochen vollkommen selbstständig sind.

 


 

Videos:
Verwaister Baby-Igel stösst Hilferuf aus
So tönen Baby-Igel, wenn sie nach ihrer Mutter rufen
Igelmutter zügelt Jungtier
Igelbabys trinken bei ihrer Mutter
Eindrückliche Aufnahmen aus dem Innern eines Igelnests: Igelmutter säugt und "säubert" ihre Jungen, die auch tagsüber das Nest mal verlassen.

Frühling

Das Ende des Winterschlafes

Igel beenden im Schweizer Mittelland zwischen Mitte März und Mitte April ihren Winterschlaf. Der eigentliche Aufwachvorgang zieht sich über Stunden hin (siehe Häufige Fragen). Allerdings erleben viele der Stacheltiere, die sich im Spätherbst in den Winterschlaf zurückgezogen haben, den Frühlingsbeginn nicht mehr. Die Sterblichkeit während des Winters ist v.a. bei den Jungtieren sehr hoch. Diese bei Wildtieren übliche Selektion garantiert, dass nur kräftige, vitale Tiere ins neue Igeljahr starten. Aber auch die überlebenden Igel haben durchschnittlich 30% ihres Körpergewichtes verloren und deshalb einen grossen Nahrungsbedarf. Bei sehr (zu) früh erwachten Igeln reicht die Menge an vorhandenen Insekten und Würmern aber eventuell noch nicht aus, um die verloren gegangenen Reserven wieder aufzufüllen.

Wie kann ich einem Igel helfen, den ich vor Anfang April draussen antreffe?
Jetzt ist eine der wenigen Ausnahmesituationen, wo eine Zufütterung Sinn ergeben kann, falls noch keine oder nur sehr wenige Futtertiere vorhanden sind, z.B. weil für längere Zeit wieder sehr tiefe Temperaturen herrschen.

  • Stellen Sie dem Igel eine Schale mit Wasser hin
  • Richten Sie ihm eine temporäre(!) Futterstelle ein, aber wirklich nur solange, bis sich das Wetter bessert und wieder Futtertiere (Würmer, Mauerasseln, Tausendfüsser, Schnecken) vorhanden sind.

Ob schon Futtertiere für den Igel verfügbar sind, findet man nur raus, indem man den Boden im Garten nach ihnen absucht: Wie sieht es unter liegengebliebenem Laub aus? Sind schon Wümer zu sehen unter Steinplatten? Was zeigt die Gartenerde, die man mit der Stechgabel gewendet hat?
Wichtig: Würmer, Mauerasseln, Tausendfüsser und kleine Nacktschnecken sind oft schon in grösserer Zahl vorhanden als angenommen.

Wie soll eine Futterstelle für Igel aussehen?
Lesen Sie dazu bitte den Text "Zufütterung in Ausnahmesituationen" und "Wie soll eine Igel-Futterstelle aussehen".

Vorsicht bei der Gartenarbeit
Nicht mit Stechgabeln oder Ähnlichem in Kompost-, Laub- oder Asthaufen hineinstechen. Es könnte sich noch ein Igel-Langschläfer darin aufhalten.
Siehe Merkblatt «Gefahren für Igel»

 

Brautschau

Ab Ende April beginnt die Paarungszeit. Igelmännchen auf Brautschau vergrössern dann ihren monatlichen Aktionsraum (Gebiet, das ein Igel in einem Monat durchstreift) von ca. 20 auf 100 ha1 und können pro Nacht bis 5 km Wegstrecke zurücklegen. Der Paarungstrieb lässt sie oft unvorsichtig werden, Strassen z.B. werden „ohne Rücksicht auf Verluste“ überquert.

Wie kann ich dazu beitragen, die Anzahl der überfahrenen Igel zu verringern?

  • Denken Sie daran, dass Igel hauptsächlich im menschlichen Siedlungsgebiet, in den Gärten zwischen den Häusern, leben. Achten Sie deshalb gerade auch auf Strassen innerhalb von Dörfern und Städten auf Igel, die die Fahrbahn überqueren!
  • Bleibt ein Igel auf der Strasse sitzen, tragen Sie ihn in seiner Laufrichtung über die Strasse und setzen ihn 2-3 m vom Strassenrand entfernt vorsichtig ab.
  • Versuchen Sie nie, einen auf der Strasse sitzenden Igel zwischen die Räder zu nehmen, die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ihn auf diese Weise überfahren, ist sehr gross!
  • Fahren Sie generell vorausschauend und den Sichtverhältnissen angepasst. Nicht nur Igel werden Ihnen dafür dankbar sein.

Siehe Häufige Fragen

 

Paarung

Vielleicht werden Sie in einer lauen Mai-Nacht von seltsamen Geräuschen aus Ihrem Garten geweckt.  Dies könnten zwei sich paarende Igel sein! Dem Geschlechtsakt geht eine Treibephase voraus. Das Männchen umkreist das Weibchen, welches sich i.d.R. zunächst wehrt und den Partner laut anfaucht. Der Vorgang wird auch „Igelkarussell“ genannt und kann mehrere Stunden dauern. Nach der Paarung verlässt das Männchen seine Partnerin. Das heisst, Igelweibchen sind immer „alleinerziehende“ Mütter.

 

Nestbau

Wie für den Winterschlaf braucht es auch zur Aufzucht der Igelbabys ein stabiles wärmeisoliertes Nest. Die dazu nötigen Unterschlüpfe und das Nistmaterial finden die Igelinnen in möglichst naturbelassenen Gärten.
Im Schweizer Mittelland können erste Geburten schon im Mai beobachtet werden, vorausgesetzt im April herrschte schönes Wetter.

So erleichtere ich den werdenden Igelmüttern den Start in die Babysaison

  • Räumen Sie Ihren Garten auch im Frühling und Sommer nicht allzu stark auf.
  • Viele Tipps zur naturnahen Gartengestaltung finden Sie im Kapitel „Igelfreundlicher Garten“.

 

 

1Zingg, R. (1994): Aktivität sowie Habitat- und Raumnutzung von Igeln in einem ländlichen Siedlungsgebiet. Dissertation Universität Zürich, Zürich.

Beurteilung des Igels

Igel sind Wildtiere. Sie sind hervorragend an das Leben im Freien angepasst und kommen normalerweise ohne menschliche Hilfe zurecht. Gelegentlich gibt es aber Situationen, in denen sie unsere Hilfe brauchen.

Treffen Sie einen Igel auf der Strasse an, setzen Sie ihn in Laufrichtung an den anderen Strassenrand. Entfernen Sie ihn nie aus seinem ihm vertrauten Wohngebiet. Igel sind sehr ortstreu und eng mit ihrem Lebensraum verbunden. Jede Zwangsumsiedlung verstört das Tier zutiefst.

Begegnen Sie einem Igel am Tag, beobachten Sie ihn zuerst ganz genau, bevor Sie etwas unternehmen. Anhand der folgenden Checkliste mit Krankheitsanzeichen, können Sie bestimmen, ob dem Tier etwas fehlt:

 

Krankheitsanzeichen

Haben Sie den Verdacht, dass der Igel krank oder verletzt ist, nehmen Sie ihn mit Handschuhen oder einem Tuch vorsichtig auf. Drehen Sie ihn in Ihrer Hand nun auf den Rücken. Weitere Krankheitszeichen:

  • Verminderter Einrollmechanismus, dh. der Igel macht bei Berührung oder in Ihrer Hand keine klassische Igelkugel
  • Der Igelbauch fühlt sich deutlich kälter an als Ihre Hand

Sind Sie unsicher, ob dem Tier etwas fehlt, nehmen Sie es ausnahmsweise für eine(!) Nacht mit nach Hause und füttern Sie es mit Katzenfutter (siehe Erste Massnahmen). Da der Igel ein nachtaktives Tier ist, können Appetit und Aktivität nur nachts sicher beurteilt werden. Zum Thema Notunterbringung gibt ebenfalls das Kapitel "Erste Massnahmen" Auskunft. Sichere Krankheitsanzeichen sind:

  • Fehlender Appetit
  • Verminderte oder fehlende nächtliche Aktivität

 

Wie sieht ein magerer Igel aus?

igel mager und wohlgenaehrt kleines bild

Der Igel auf dem linken Bild ist mager: Hervorstehende Schultern und Hüften, eingefallene Flanken; oftmals ist auch der Kopf abgesetzt.
Auf dem rechtem Bild sind zwei wohlgenährt rundliche Igel; so sollten Igel vor dem Winterschlaf aussehen.

 

Weiteres Vorgehen

Lesen Sie unbedingt auch das zu ihrem Igelfund passende Unterkapitel zur Jahreszeit: Frühling, Sommer, Herbst oder Winter.

Falls eine oder mehrere der oben aufgeführten Krankheitsanzeichen auf "Ihren" Igel zutreffen, lesen Sie unter "kranker oder verletzter Igel" nach, wie Sie weiter vorgehen müssen.

Scheint der Igel nach eingehender Beobachtung gesund, lassen Sie ihn am Fundort wieder frei.

Wenn Sie bei einer Fachstelle Rat einholen müssen, ist das Gewicht, das oft auch Aufschluss über Grösse und Alter des Tieres gibt, eine nützliche Zusatzinformation für die Fachperson. Das Video zeigt, wie das geht: Igel mit Handschuhen hochheben, auf den Rücken drehen und so auf die Waage legen. Um die Hygiene zu gewährleisten, entfernen Sie zuerst die Waagschale, stellen dafür eine Kartonschachtel auf die Waage, tarieren auf Null und legen dann den Igel in die Schachtel.

 

Wichtig zu wissen

Der Braunbrustigel gehört in der Schweiz gemäss dem Natur- und Heimatschutzgesetz zu den geschützten Tierarten. Das bedeutet, es ist unter anderem verboten, Igel grundlos zu berühren, einzufangen oder in Gewahrsam zu nehmen. Findet man einen Igel, der sich scheinbar oder tatsächlich in einer Notlage befindet (Beispiele: kranke oder verletzte Tiere oder Igel, die bei Wintereinbruch weit unter dem für den Winterschlaf notwendigen Minimalgewicht sind, oder verwaiste Igelsäuglinge), darf dieses Tier vorübergehend in Gewahrsam genommen werden, dies allerdings nur, wenn man sich gleichzeitig - respektive so rasch wie möglich - mit einer qualifizierten Igelfachstelle in Verbindung setzt. Die Fachstelle wird entscheiden, ob es überhaupt nötig ist, das Tier temporär in menschlicher Pflege zu belassen, und falls ja, ob dies beim Finder selber erfolgen kann oder ob der Igel Betreuung in einer Igelstation oder beim Tierarzt benötigt. (siehe Häufige Fragen).

© 2019 Igelzentrum Zürich